Die Trolltunga oder auch „Trollzunge“ ist ein kleiner Felsvorsprung, der ca. 15 Meter lang ist und spitz zuläuft. Nichts ungewöhnliches, wäre er nicht fast 700 Meter über einem See und ringsherum nur steile Abgründe. Und damit noch nicht genug, man kann ihn sogar besuchen. Und genau das habe ich auch getan, und zwar antizyklisch, um den „Massen an Menschen“ zu entgehen. Wie sich später herausstellen sollte – eine kluge Entscheidung.

Eigentlich stand der Besuch auf der Trolltunga schon auf der Kippe und ich tendierte dazu, ihn abzusagen. Grund war das schlechte Wetter. Glücklicherweise habe ich die Touristeninformation in Odda, dem größeren Ort in der Nähe der Trolltunga, besucht. Dort gab es aktuelle Wetterinformationen (es sollte die kommenden 24 Stunden schön sein) und wertvolle Tipps für die Übernachtung mit dem Zelt. Also habe ich mich kurz nach 15 Uhr entschlossen, doch noch die mit gut 10 Stunden veranschlagte Tour zur Trolltunga zu machen.

Anfahrt zum Startpunkt

Von Odda fährt man Richtung Tyssedal, nach dem Tunnel biegt man gleich rechts Richtung Skjeggedal ab. Es geht eine enge Straße hinauf bis zu einem großen Parkplatz. Als ich dort ankomme, sehe ich schon die ersten Wanderer, wie sie teils sehr erschöpft den Parkplatz erreichen. Mir fallen sofort die stillgelegten Gleise der Mågeliban auf, die sich gute 950 Meter und 400 Höhenmeter kerzengerade (teilweise 45 Grad) am Berg nach oben legen. Bis zum Jahr 2011 konnte man die Bahn noch nutzen. Der Parkplatz ist gut, es gibt ein Toilettenhäuschen, Trinkwasser, eine Touristeninformation mit einem kleinen Shop und einige Hinweisschilder. 200 NOK muss man für 24 Stunden zahlen, macht man die Tour als Tageswanderung, werden nur 100 NOK fällig.

900 hm gleich zu beginn

Laut Touristeninformation in Odda gibt es drei Wege hinauf. Einen guten, einen schlechten und den „illegalen“ über die Gleisanlage der Bahn. Der gute Weg war gesperrt, da er gerade repariert wird. Der schlechte war zu schlecht (Matsch, Schlamm,…), also blieben nur die knapp 2200 Bretterstufen der Mågeliban. Mein Plan sieht folgendermaßen aus: Ich laufe soweit es geht und suche einen geeigneten Platz für das Zelt. Am nächsten Tag geht es dann zeitig zur Trolltunga und von dort dann wieder zum Auto zurück.

Es ist 16 Uhr und ich beginne mit dem Aufstieg auf der Gleisanlage. Es kommen mir einige Wanderer entgegen, viele klagen über den sehr anstrengenden Rückweg über die Stufen. Oben angekommen, sehe ich zuerst ein mit Hütten bebautes Gebiet. Alle scheinen momentan leer zu sein. Ich folge dem nun ausgeschilderten Weg zur Trolltunga über einen großen Steinhang weitere ca. 200 Höhenmeter nach oben. Ständig kommen Wanderer entgegen, die teils verwunderte Blicke fallen lassen. Ich werde auch gefragt, ob ich heute noch vorhabe, zurück zugehen. Hat man dieses Stück geschafft, ist man erstmal oben und läuft dann relativ entspannt durch ein großes Tal mit einer kleinen Schutzhütte. Hinter der hat sich ein großer Müllberg aufgetürmt. Jeden gelaufenen Kilometer gibt es ein Schild, das anzeigt, wie weit es zur Trolltunga und zum Parkplatz ist.

Zelten am Abgrund

Zelten ist problemlos möglich – wenn man einen geeignete Stelle findet. Ich habe ca. 3 km vor der Trolltunga eine ebene Fläche gefunden mit phänomenalem Ausblick auf einen See und knapp 700 Meter Abgrund. Bei Gewitter und schlechtem Wetter würde ich aber davon abraten. Das Zelt ist schnell aufgebaut und gegen 20:20 Uhr liege ich schon fast in meinem warmen Schlafsack. Es wird kalt auf knapp 1000 Meter Höhe. Bilanz des ersten Tages: 4,5 Stunden und knapp 7,2 km gelaufen. Der Wecker ist auf 6:30 Uhr gestellt.

Erster

Dummerweise klingelt der Wecker pünktlich und es ist tatsächlich 6:30 Uhr. Ein kurzer Blick aus dem Zelt verrät mir auch die aktuelle Wettersituation: Nebel. Ich drehe mich nochmal um und schaue 10 Minuten später erneut aus der Zeltöffnung: kein Nebel. Motiviert stehe ich auf und packe alles zusammen. Kurz vor halb 8 geht es weiter. Nebenbei ist das Geheimnis des Nebels gelüftet: in regelmäßigen Abständen steigt er aus dem Tal auf und verschwindet dann wieder. Die letzen Kilometer zur Trolltunga sind schnell gelaufen, es geht auf und ab und am Ende über und durch Felsen. Wenn man einen kleinen Stausee erreicht hat ist man nur wenige Meter entfernt. Zum Glück hat der Nieselregen aufgehört. Das Wetter ist besser geworden und absolut keine anderen Wanderer sind unterwegs. Somit erreiche ich 9:20 Uhr als Erster die Trollzunge. Nur ein weiteres Zelt steht ganz in der Nähe der Zunge, die scheinen aber noch zu schlafen.

Der kleine Felsvorsprung ist wirklich spektakulär gelegen. Über einen kleine dreistufige Leiter, die in den Felsen geschlagen ist, kommt man direkt an die Spitze und blickt die ca. 700 Meter in den Abgrund hinab. Mit dem ganzen Nebel darunter sieht das noch viel gefährlicher aus. Ich habe die Zunge knapp 20 Minuten für mich allein, bis die ersten Besucher kommen.

Besucheransturm

10:20 Uhr mache ich mich auf den Rückweg, der Akku meiner iPhone-Kamera ist leer. Es werden schließlich auch immer mehr Menschen. Der Rückweg kommt mir etwas matschiger vor. Ich nehme diesmal nicht die Treppen der Bahn, um wieder zum Parkplatz zu kommen, sondern den schlechten Weg. Die ersten 200 Meter sind wirklich katastrophal und ich empfehle jedem die Treppen oder den neuen Weg, sollte er wieder offen sein. Übrigens habe ich die mir entgegenkommenden Menschen gezählt: 687 haben sich bis zum Erreichen des Parkplatzes 15:10 Uhr auf den Weg zur Trolltunga gemacht.

Alles Wichtige zur Tour:


Gesamtkilometer: 23 km (Tag 1: 7,2 km / Tag 2: 15,8 km)
Gesamtzeit (inkl Pausen und Verweildauer an der Trolltunga): 12 h 10 min (Tag 1: 4:20 h / Tag 2: 7:50 h)
Parkplatzgebühr: 200 Nok / 100 Nok
Trinkwasser: am Parkplatz aus dem Hahn, unterwegs an Seen und Flüssen
Gepäck: Übernachtungszeug, 1 Abendessen, 1 Frühstück, Snacks, kein Kocher, Kamera, Licht, Regenjacke und Regenhose


2 Kommentare

Philipp · 20. April 2017 um 11:52

Toller Bericht, vielen Dank!
In welchem Monat bist du zur Trolltunga gewandert? Nachts kalt bedeutet so Temperaturen um den Gefrierpunkt?
Gruß Philipp

    Nordtrekking · 20. April 2017 um 19:52

    Hallo Philipp,
    2014 war ein relativ warmes Jahr dort im August war es am Abend nie gefroren aber schon recht kalt. Sonst kann ich mir vorstellen das um die Zeit dort auch schon mal ein bisschen Schnee liegt. Ein guter Schlafsack mit einer Komforttemperatur um die Minus Grade ist in jedem Fall von Vorteil (Daunenschlafsack).
    lg, felix

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